91, Lebensmittelverkäuferin i.R.

Mein Mann hatte einen unregelmäßigen Beruf und da hat er mich gebeten: “Bleib doch bitte zu Hause, ich möchte nicht Feierabend haben und dann noch den Mülleimer raustragen müssen.” Ja, so war das damals. Aber als die Kinder dann so etwa 14 Jahre alt waren, fiel mir die Decke auf den Kopf, wie man so schön sagt. Und da habe ich dann doch gearbeitet. Ich hab Promotion gemacht, immer wochenweise. Das war gut. Ja, und dann mit 70 ist mein Mann gestorben. Da habe ich angenommen, dass ich höchstens noch ein paar Jahre leben werde. Aber es ist doch anders gekommen. Man sollte dankbar sein, wenn man ein so hohes Alter erreicht, aber es gibt natürlich auch Schattenseiten. Doch im Sommer, da liege ich hier unten im Garten und schaue hoch in den Baum wie unter einen Rock. Stundenlang beobachte ich, wie sich die Blätter im Wind bewegen und die Vögel herumschwirren. Etwas Schöneres gibt es nicht für mich.